DER SICHERHEITSDIENST

GELD UND WERT 9 DSD 4 | 2023 in Not- und Krisenfällen hat, in denen unbare Zahlungsmittel ausfallen. Zur Stärkung der Rolle der Wertdienstleister im Bargeldkreislauf fordert die BDGW schon seit Jahren vom Gesetzgeber zum Beispiel die Berücksichtigung im Sonderrechtetatbestand des § 35 StVO bei den täglichen Geld- und Wertdienstleistungen im Straßenverkehrsrecht für das Befahren von Fußgängerzonen und zum kurzfristigen Halten und Parken in 2. Reihe an Objekten der Bargeldzustellungen und -abholungen, aber speziell auch für Not- und Krisenfälle wie beispielsweise die bevorrechtigte Zuteilung von Kraftstoffen oder eine Telekommunikationsbevorrechtigung. So ist das Befahren von Fußgängerzonen seit Längerem für die durch die Kommunen mittlerweile privatwirtschaftlich betriebenen Reinigungs- und Entsorgungsfahrzeuge gem. § 35 Abs. 6 StVO ebenso zugelassen, wie für Messfahrzeuge der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post gem. 35 Abs. 7 und jüngst durch eine Ergänzung der Sonderrechteregelung für privatwirtschaftlich eingesetzte Fahrzeuge von Unternehmen, die Universaldienstleistungen nach § 11 des Postgesetzes gemäß § 35 Abs. 7a StVO erbringen. Seit vielen Jahren beobachtet die BDGW, dass sich das Zahlungsverhalten in Deutschland zugunsten unbarer Zahlungen entwickelt. Die Coronakrise hatte hier mit Blick auf Deutschland eine Katalysatorwirkung. Obwohl sich im Anschluss an die Krise das Online- und bargeldlose Zahlungsverhalten ein wenig reduziert hat, verweilt es auf höherem Vorkrisenniveau. Hierbei handelt es sich um keine rein deutsche Entwicklung. In Europa stehen Regionen wie Skandinavien oder das Baltikum sinnbildlich für nahezu bargeldlose Gesellschaftsformen. Bargeldzahlungen scheinen einem Anachronismus gleichzukommen. Während die deutsche Bundesregierung im Juni dieses Jahres auf eine Große Anfrage zum digitalen Euro deutlich macht, „Bargeld ist und bleibt die zentrale Geldform unserer freiheitlichen Gesellschaft“, verändert sich das Zahlungsverhalten am Point of Sale und schwindet die Annahmebereitschaft von Bargeld durch den Einzelhandel; allen voran ein autorisierter Händler eines US-amerikanischen Tech-Giganten. Losgelöst von der rechtlichen Bewertung und Verankerung des Bargeldes als einziges unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel, sichert Bargeld eine barrierefreie, soziale und anonyme gesellschaftliche Teilhabe. Die Versorgung mit Bargeld ist KRITIS-relevant. Bargeld ist integrativ, inklusiv und ein sicheres Wertaufbewahrungsmittel. Die Vielschichtigkeit von Bargeld und seine Bedeutung für die Selbstbestimmung von Menschen zeigt sich insbesondere in Krisenzeiten. In diesen steigt die Nachfrage an Bargeld durch die Bevölkerung signifikant, wie die Finanz- und Wirtschaftskrise der Nullerjahre, aber auch der Krieg in der Ukraine zeigen. Doch wie kommt der Souverän an sein oder ihr Bargeld, wenn zeitgleich die Geschäftsbanken ihr Filialnetz dramatisch ausdünnen und die großen Einzelhändler mehr in hauseigene Bezahl-Apps investieren als in den Gedankengang, ein Redundanznetz in der Kritischen Infrastruktur Bargeldlogistik zu sein, wie es das Konzept Zivile Verteidigung deutlich anmahnt und herausstellt? Eine freiheitliche demokratische Gesellschaft will und braucht das Bargeld jetzt und in Zukunft. Die BDGW steht dafür, ihre Stimme gegen jegliche Einschränkung der Nutzung und Verfügbarkeit von Bargeld zu erheben. Das macht sie nicht nur national, sondern auch auf europäischer Ebene in Zusammenarbeit mit ihrem Europäischen Dachverband der Wertdienstleistungsbranche, der European Security Transport Association (ESTA). Die gesetzliche Annahmepflicht des Eurobargeldes (und des geplanten digitalen Euro) ist ein wichtiger erster richtiger Schritt der Europäischen Kommission, den sie mit der Vorlage eines entsprechenden Richtlinienentwurfs am 28. Juni 2023 auf den Weg gebracht hat. Das Bargeld und die Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld im Rahmen der KRITISDaseinsvorsorge müssen der monetäre Anker des europäischen Finanzsystems bleiben; hierbei ist jedoch begleitend die Wechselgeldverfügbarkeit im Einzelhandel zwingend sicherzustellen, um sich einer gesetzlich geregelten Annahmepflicht, die die Europäische Kommission seit ihren EU-Richtlinienentwürfen vom 28. Juni 2023 verfolgt, nicht entziehen zu können. Bild: SESAMI

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