DER SICHERHEITSDIENST

80 DSD 4 | 2023 DAS LETZTE stellv. Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft (BDSW) RAin Cornelia Okpara Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung Von Rechtsanwältin Cornelia Okpara Flexible Arbeitszeiten sind die Grundvoraussetzung und eines der wesentlichen Gestaltungselemente der Sicherheitsdienstleistungsbranche. Das geltende Arbeitszeitgesetz stammt aus Zeiten weit vor der Digitalisierung. Die wachsende Bedeutung von flexiblen Arbeitszeiten wie Gleitzeiten oder auch Teilzeitmodellen und die – auch durch die Pandemie – vorangetriebene Möglichkeit mobiler Arbeit in einigen Berufsfeldern zeigen deutlich gesellschaftliche wie arbeitsmarktbedingte Veränderungen, auf die es zu reagieren gilt. Bundesregierung und Gesetzgeber sind daher aufgefordert, im Rahmen des Unionsrechts auf ein modernes und flexibles Arbeitszeitrecht hinzuwirken, bestehende Öffnungsklauseln für Tarifverträge beizubehalten und einer weiteren Bürokratisierung entgegenzuwirken. Die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) belassen Gestaltungsspielräume hinsichtlich einer Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, die der deutsche Gesetzgeber nutzen und gestalten sollte. Auf keinen Fall darf es eine Lösung geben, die noch über die europäischen Vorgaben hinausgeht. Vielmehr muss die betriebliche Praxis unterstützt werden, um Arbeitszeiten auch bei steigendem Arbeitsvolumen flexibel zu handhaben. Eine Novellierung des Arbeitszeitgesetzes sollte europäische Spielräume nutzen und sich nicht auf eine Regulierung einer Pflicht zur Arbeitszeiterfassung beschränken. Eine gesetzliche Regelung sollte sich auf die Bereitstellung eines Arbeitszeiterfassungssystems beschränken. In jedem Fall muss die Möglichkeit, die Form der Aufzeichnung betrieblich zu vereinbaren, gewährleistet bleiben. Während sich der EuGH nicht zu einer bestimmten Form verhält, erwähnt das BAG in seinem Beschluss ausdrücklich, dass Aufzeichnungen beispielsweise in Papierform genügen. Eine gesetzliche Regelung darf nicht dazu führen, dass die Arbeitszeit nur noch mithilfe eines elektronischen Systems erfasst werden kann. Dies würde einen Großteil unserer Mitgliedsunternehmen finanziell überfordern, insbesondere KMU organisatorisch übermäßig belasten und darüber hinaus zu einem nicht gerechtfertigten bürokratischen Aufwand in den Unternehmen führen, den der Zweck der Erfassung nicht erfordert. Eine elektronische Erfassung eignet sich darüber hinaus nicht für die Tätigkeiten im Sicherheitsgewerbe. Hier wird in der Regel nicht am PC im Büro gearbeitet, nicht einmal an der Betriebsstätte des Arbeitgebers, sondern in verschiedenen Liegenschaften und Betriebsstätten des Kunden. Eine elektronische Erfassung ist dort nicht ohne Weiteres und ohne Belastung der Mitarbeiter und Unternehmen umzusetzen. Gerade in unserer Branche sind komplexe Dienst- und Schichtsysteme erforderlich. Eine schriftliche Aufzeichnung erfüllt die Kriterien einer objektiven, zugänglichen und verlässlichen Erfassung gleichermaßen. Daher muss eine schriftliche Aufzeichnung auch weiterhin möglich bleiben. Auch an den Zeitpunkt der Aufzeichnung dürfen keine übermäßigen Anforderungen gestellt werden, um in der Umsetzung nicht zusätzlich belastend zu wirken. Das BAG gibt keinen zeitlichen Rahmen vor, insbesondere keinen, der sogar strenger als der des Mindestlohngesetzes ist. Eine allgemeine Erfassungspflicht sollte einen späteren Zeitpunkt zur Erfassung vorsehen. Die Tarifautonomie sollte mit der Möglichkeit, branchengerechte oder betriebliche Lösungen vereinbaren zu können, gestärkt werden. Um besonderen Bedürfnissen einer bestimmten Branche gerecht werden zu können oder betriebliche Erfordernisse im Einzelfall regeln zu können, sollte von einer gesetzlichen Erfassungspflicht durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung abgewichen werden können. Nur so können wir auch in Zukunft den Erfordernissen einer modernen Sicherheitswirtschaft gerecht werden. Bild: Andrey Popov / istockphoto.com

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