DER SICHERHEITSDIENST

GELD UND WERT 26 DSD 4 | 2023 Welt (fast) ohne Bargeld? – Die Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher Von Michaela Schröder Verbraucherinnen und Verbraucher haben beim Zahlungsverkehr keine allzu große Auswahl. Es gibt nur das eine Bargeld, es gibt zwei Kreditkartenanbieter und zwei große Internetbezahlverfahren. Bei den Banken ist die Auswahl grundsätzlich größer. Doch sobald Verbraucherinnen und Verbraucher auf Service vor Ort angewiesen sind, wird es schon viel enger: Dann bleibt oft nur die Wahl zwischen Sparkasse oder Volksbank und vielleicht einer Privatbank. Für Verbraucherinnen und Verbraucher sollte Bezahlen verlässlich funktionieren und sicher sein. Ohne vertrauensvollen Zahlungsverkehr gerät unser Wirtschaftsleben in Stocken. Denn unsere Gesellschaft fußt auf diesem Austausch. Wenn wir nach vorne schauen, dann ist das in Gefahr. Was machen wir, wenn wir uns nicht mehr darauf verlassen können, in Geschäften und Restaurants mit Bargeld bezahlen zu können? Was machen wir, wenn wir plötzlich aufpassen müssen, welche Karten von welchen Stellen akzeptiert werden? Das macht unseren Alltag kompliziert, das schmälert das Vertrauen. Bargeld erfüllt wichtige Funktionen für Wirtschaft und Gesellschaft. Das spiegelt sich auch in der weiterhin hohen Nutzung durch Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland und anderen Euroländern wider. Dennoch steht das Bargeld zunehmend unter Druck. Der Blick in einige europäische Nachbarstaaten zeigt: Innerhalb nur weniger Jahre kann das Bargeld eine Randerscheinung werden und für Verbraucherinnen und Verbraucher nur noch unter erheblichem Aufwand zugänglich und im Handel nicht mehr flächendeckend akzeptiert werden. Diese Situation finden wir in Deutschland bislang nicht vor. Jedoch mehren sich die Anzeichen, dass wir uns Kipppunkten nähern: eine Halbierung der Bankfilialen seit 2006, eine Reduzierung der Geldautomaten, ein fortschreitender Rückgang des Anteils des Bargelds an den Bezahlvorgängen. Mit Beginn der Coronapandemie eine flächendeckende Kampagne im Handel, die Verbraucherinnen und Verbraucher zum unbaren Bezahlvorgang aufforderte und im Jahre 2023 bundesweit operierende Händler, die ankündigen, das gesetzliche Zahlungsmittel nicht mehr akzeptieren zu wollen. Aufgrund der Kostenstruktur des Bargelds, sprich hohe Fixkosten, und geringe variable Kosten führt eine abnehmende Bargeldnutzung dazu, dass Bargeld im Vergleich zu alternativen Zahlungsmitteln teurer wird. Dies kann eine Abwärtsspirale in Gang bringen. Wie in anderen systemischen Krisen auch, drohen auch beim Bargeld Kipppunkte, die, wenn sie erst einmal erreicht sind, ein Gegensteuern enorm aufwendig oder gar unmöglich machen. Ist die Bargeldinfrastruktur erst einmal dezimiert und sind die negativen Konsequenzen für Wirtschaft und Gesellschaft zutage getreten, so zeigt es etwa Schweden, wird der Wiederaufbau ein teurer Kraftakt. Der Status des Euro als gesetzliches Zahlungsmittel gerät in Zweifel, je häufiger und umfassender die Bezahlung mit Bargeld eingeschränkt wird – sei es durch staatliche oder private Stellen. Wir brauchen daher Zahlungsmittel, die überall verlässlich akzeptiert werden. Mit Bargeld haben wir dies für die „analoge Welt“. Die Akzeptanzpflicht fürs Bargeld muss allerdings dringend auch durchgesetzt werden. Im elektronischen und digitalen Bezahlen fehlt das. Der digitale Euro kann und sollte das leisten. Das gibt ergänzend zum Bargeld die Gewissheit, im Geschäft oder im E-Commerce digital bezahlen zu können – datensparsam und günstig für den Handel. Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik im Verbraucherzentrale Bundesverband www.vzbv.de Michaela Schröder

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