DER SICHERHEITSDIENST

GELD UND WERT 12 DSD 4 | 2023 eines digitalen Euro, ist dieser Verordnungsvorschlag zu begrüßen, sondern wegen seiner Aussagen zum Stand des bisher einzigen gesetzlichen Zahlungsmittels, des Euro-Bargelds, sowie zur Zukunft des EuroBargelds. Die ESTA hat auch diesen Verordnungsentwurf umfassend und kritisch bewertet. Die wesentlichen Aspekte der ESTA-Stellungnahme sollen hier erwähnt werden. Es stellt sich die grundsätzlich die Frage, ob der Markt die Schaffung eines neuen elektronischen Zahlungsverfahrens, ebenfalls mit der Ausstattung als Legal Tender und als Zentralbankgeld, erforderlich macht oder ob ein digitaler Euro nicht eher als die„Lösung nach der Suche nach einem Problem“ (siehe weiter unten) betrachtet werden muss. Nicht wegen des Ziels, welches mit der Einführung des digitalen Euro verfolgt wird, sondern wegen der Gründe, die die Einführung einer digitalen Währung, eines digitalen Euro, erforderlich erscheinen lassen, begrüßt die ESTA den Vorschlag der Kommission zur Einführung eines digitalen Euro: Dieser Verordnungsvorschlag und das Vorhaben insgesamt, eine digitale Währung als Zentralbankgeld neben dem Euro-Bargeld zu etablieren, dokumentieren die zunehmende „Schwächung des monetären Ankers“6 der europäischen Geldpolitik. Ursache dessen ist die kontinuierliche Reduzierung des Bargeldumlaufs sowie des Bargeldvolumens für Transaktionszwecke. Dies wiederum resultiert aus den Auswirkungen eines jahrzehntelangen Krieges gegen das Bargeld. Die ESTA betont auch an dieser Stelle, dass der Rückgang des Bargeldvolumens und der Bargeldnutzung für Transaktionszwecke sich nicht zufällig ergeben haben. Ganz im Gegenteil: Der Rückgang der Bargeldnutzung ist ein bewusst gesteuerter Prozess. Und die Coronapandemie wurde dazu genutzt, das „Sterben“ des Bargelds zu beschleunigen. Plötzlich war Bargeld nicht mehr nur ein„antiquiertes“, in„die Jahre gekommenes“ Zahlungsinstrument, so die Einschätzung einer von der EZB eingesetzten Arbeitsgruppe, sondern die Nutzung von Bargeld ist nun auch noch ein Gesundheitsrisiko. Die Diskriminierung des Bar6 https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:6f2f669f-1686-11ee-806b-01aa75ed71a1.0023.02/DOC_1&format=PDF, cf. Absatz 3 7 https://www.betterthancash.org 8 F. Panetta, ECB,„Cash in Time of Turmoil“, 15. Juni 2021. gelds wurde bewusst getrieben von den Akteuren, die ein Interesse am Verschwinden des Bargelds und ganz generell an der weiteren Digitalisierung des Zahlungsverkehrs und des gesellschaftlichen Lebens haben, allen voran von den Banken, den internationalen Kartenorganisationen und internationalen Organisationen, deren Vision die bargeldlose Gesellschaft ist, wie z. B. die „Better than Cash Alliance“7. Im Nachgang der Coronapandemie war es dann nicht überraschend, dass Fabio Panetta von der Europäischen Zentralbank zu dem Ergebnis kam, dass die Coronapandemie in ihren Auswirkungen wie sieben Jahre auf dem Weg zur Digitalisierung des Zahlungsverkehrs gewirkt hat8. Die Banken haben ihren Beitrag zur Reduzierung der Bargeldnutzung ebenfalls geleistet. Der Rückzug der Banken aus dem Bargeldgeschäft, die Ausdünnung des Geldautomatennetzes, die Schließung von Filialen, der Rückzug aus der Fläche, Einstellung der Münzgeldversorgung, die Erhöhung der Preise für Bargelddienstleistungen etc. All dies hat dazu geführt, dass sich die Bargeldversorgung, sowohl für den Verbraucher als auch für Unternehmen, immer schwieriger und auch kostenintensiver gestaltet mit der Folge eines dramatisch reduzierten Bargeldumlaufs. Und dies ist die Grundlage des „weakened monetary anchor“ der europäischen Geldpolitik, den der Verordnungsvorschlag adressieren möchte. Aber anstatt sich auf eine nachhaltige und resiliente Stärkung des Euro-Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel einzulassen und die Bargeldnutzung zu stärken, wird versucht, das Rad neu zu erfinden und eine neue Form von Bargeld zu schaffen. Aber nur das Bargeld in Form von Banknoten und Münzen ist letztendlich der Garant für das Vertrauen der Bürger in die Finanzmarktstabilität und in das Bankensystem, das für die Bürger und Unternehmen ihre Guthaben verwahrt. Elektronisches, insbesondere kommerzielles Geld demgegenüber basiert einzig und allein auf dem Vertrauen, dass dieses auch bei Bedarf in Bargeld getauscht werden kann. Die Schwierigkeiten bei der Etablierung eines digitalen Euro sind nicht zu unterschätzen. Die Risiken, auch die damit verbundenen Belastungen, sind beträchtlich. Um einen berühmten britischen Premierminister zu zitieren: „Man braucht nicht nach Problemen zu suchen, die Schwierigkeiten ergeben sich von selbst.“ Und diese Schwierigkeiten sind zweierlei Art: diejenigen, die überwunden werden müssen, um den digitalen Euro zu etablieren, und diejenigen, die überwunden werden müssen, sobald die digitale Währung etabliert ist. Die letztgenannten Schwierigkeiten sind verhältnismäßig kritischer als die ersteren, da sie die gesamte Stabilität der Währungs- und Finanzweltsystems gefährden könnten. Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ist es daher fraglich, ob der digitale Euro, der zunächst in seiner Verfügbarkeit für den einzelnen Nutzer eine Obergrenze von 3.000 Euro vorsieht, die effizienteste Lösung ist, um dem starken Rückgang des Bargelds entgegenzuwirken („the weakened monetary anchor“), anstatt in eine starke Verteidigung des Bargeldes zu investieren. Der ebenfalls am 28. Juni 2023 vorgelegte und weiter oben besprochene Entwurf eines Vorschlags zum gesetzlichen Zahlungs-

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==