DER SICHERHEITSDIENST

85 DSD 3 | 2023 VERGABERECHT ermittelt wurde, Verfahrensgrundsätze eingehalten wurden, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen seien und die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte angemessen und vertretbar gewichtet wurden. Unter dieser Voraussetzung hat die Vergabekammer geprüft, ob die Festlegung auf den Preis als alleiniges Zuschlagskriterium im konkreten Fall das dem Auftraggeber zustehende Ermessen überschritten hatte. Zur Begründung für das Abstellen auf den Preis hatte der Auftraggeber ausgeführt, dass hinsichtlich der technischen Lösung bestimmte Mindestanforderungen zu erfüllen seien, jedoch eine Bewertung der Qualität darüber hinausgehender technischer Lösungen nicht zielführend sei. Darüber hinaus sei der Auftraggeber zur sparsamen Mittelverwendung verpflichtet und unter diesem Gesichtspunkt sei die Entscheidung getroffen worden, ausschließlich auf den Preis abzustellen unter Berücksichtigung technischer Mindestanforderungen, die jedenfalls erfüllt sein mussten. Diese Begründung lässt nach Auffassung der Vergabekammer erkennen, dass sich der Auftraggeber bewusst war, dass qualitative Unterschiede vorhanden sein könnten, die bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung außer Acht bleiben würden. Es sei erkennbar, dass der Auftraggeber im Rahmen der gesetzten Anforderung(en) das günstigste System erwerben wollte. Dies sei von den Ermessensentscheidungen des Auftraggebers gedeckt. Es handle sich hier um eine Entscheidung, die im Rahmen des Leistungsbestimmungsrechtes des Auftraggebers zutreffend sei und durch die Vergabekammer letztlich nicht überprüft werden könne. Die Vergabekammer führt weiter aus, dass sich das im Bereich der Bauvergaben im Anwendungsbereich der VOB/A geltende Regel-Ausnahmen-Verhältnis für konstruktive und funktionale Leistungsbeschreibungen nicht auf den Bereich der Liefer- und Dienstleistungen übertragen lasse. § 31 VgV begreife die Abfassung der Leistungsbeschreibung über Leistungs- oder Funktionsanforderungen oder eine Beschreibung der zu lösenden Aufgabe als gleichwertige Alternativen. Auch im Falle einer funktionalen Ausschreibung bleibe es daher beim Grundsatz, dass der Preis das alleinige Zuschlagskriterium sein kann. Die Vergabekammer führt jedoch ausdrücklich aus, dass dies anders gesehen werden könne, wenn und soweit bei der Ausarbeitung der Angebote bestehende Gestaltungsspielräume zu qualitativ unterschiedlichen Lösungen führen können und dies für den Auftraggeber objektiv auf Basis der festgelegten Zielvorgaben einen Mehrwert bedeute. In diesem Fall sei der Auftraggeber hingegen verpflichtet, auch nicht preisliche Zuschlagskriterien festzulegen, um diese unterschiedlichen Qualitätsniveaus im Rahmen der Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zu bewerten. Vorliegend wird der Nachprüfungsantrag jedoch unbegründet zurückgewiesen, der Abschluss des Vergabeverfahrens auf der Grundlage der reinen Preisbeurteilung in diesem Fall bestätigt. 3. Praxishinweise Die Entscheidung zeigt, dass das Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers weit zu fassen ist und die Vergabekammer nur eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeiten hat. Für den Fall, dass der Auftraggeber ausschließlich auf einen (reinen) Preiswettbewerb setzt, muss jedoch das von ihm als ausreichend beurteilte Qualitätsniveau eindeutig bestimmt sein. Sobald der Auftraggeber zum Ausdruck bringt, dass er auch ein höheres Qualitätsniveau grundsätzlich wünscht, muss er dies im Rahmen der Zuschlagsentscheidung auch berücksichtigen. Insofern lohnt sich im Rahmen der Kalkulation eine eingehende Prüfung der Vergabeunterlagen, wenn eine funktionale Leistungsbeschreibung – wie häufig im Dienstleistungsbereich – vorliegt und das Zuschlagskriterium ausschließlich der Preis sein soll. Im Rahmen von Bieterfragen oder ggf. Rügen kann bzw. sollte dann geklärt werden, welches Mindestniveau an Qualität konkret geschuldet sein soll. Gegebenenfalls kann dem Auftraggeber auch aufgezeigt werden, dass eine Bewertung von Qualitätskriterien einen Vorteil bringt. Einen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Kriterien neben dem Preis hat der Bieter jedoch aktuell nicht in jedem Fall. Bild: # 1319879300 / istockphoto.com

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