DER SICHERHEITSDIENST

IT-SICHERHEIT 65 DSD 3 | 2023 Erfolg, dass die EU wenige Tage nach Beginn des Krieges Sanktionen gegen die russischen Medien Russia Today und Sputnik verhängte und damit die Reichweite russischer staatsnaher Medien eingeschränkt habe. Hierbei räumt Faeser jedoch ein, dass seit den EU-Sanktionen gegen diese staatsnahen russischen Medien prorussische Desinformation und Propaganda verstärkt über Accounts in den sozialen Medien verbreitet werde. Außerdem werde versucht, „die Nutzerinnen und Nutzer auf alternative Plattformen wie zum Beispiel Telegram umzuleiten“.12) Von Telegram aus kann die russische Propaganda leicht von anderen Akteuren, Gruppen und Einzelpersonen verbreitet werden.13) Eine Datenauswertung des WDR, des NDR und der Süddeutschen Zeitung zeigte jedoch bereits im April 2022, dass Facebook nicht gegen die russischen Desinformationskampagnen in Deutschland ankommt. Eine Vielzahl von Fake News, beispielsweise über die Massaker und Gräueltaten russischer Soldaten an Ukrainerinnen und Ukrainern von Butscha, verbreiteten sich im April 2022 auf Facebook rasant. Videos mit Fake News russischer Desinformationskampagnen wurden in Deutschland Tausende Male angeschaut.14) Zur Facebook-Seite der russischen Botschaft in Deutschland, die seit dem Beginn des Krieges unbehelligt Desinformation, Propaganda und Fake News in Deutschland verbreiten kann, kamen zahlreiche kleine Accounts aus dem verschwörungsideologischen Milieu, beispielsweise die Facebook-Seite „Anonline“. Diese wurde unmittelbar nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegründet, nach vier Wochen und 250 Pro-System-Putin-Posts folgten ihr in Deutschland im April 2022 über 10.000 Menschen. Insgesamt wurden von„Anonline“ gepostete Videos mehr als zwei Millionen Mal gesehen. FacebookSeiten wie diese gibt es viele und ihre Followerzahlen verzehnfachten sich teilweise innerhalb einer Woche nach dem Beginn des Angriffskrieges.15) Hier scheinen die zuständigen deutschen Ministerien und Behörden noch keine wirksamen Gegenmittel gefunden zu haben. Das Bundesinnenministerium zeigte sich Ende August 2022 beunruhigt über gefälschte und täuschend echt aussehende Medien-Websites mit prorussischen Desinformationen rund um den Ukrainekrieg. So teilte ein Sprecher des Bundesministeriums des Innern und für Heimat mit: „Wir haben mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass über Fake Accounts in bestimmten sozialen Medien täuschend echt aussehende, allerdings gefälschte Webauftritte von etablierten Nachrichtenseiten verlinkt werden. Dort werden demnach erfundene Nachrichten und gefälschte Videos – Teil der russischen Desinformationskampagnen – verbreitet. Diese verfolgen das Ziel, Vertrauen in Politik, Gesellschaft und staatliche Institutionen zu untergraben“, erklärte der Sprecher des Bundesinnenministeriums.16) Das ZDF sprach Ende August 2022 von der größten Desinformationskampagne in Deutschland bisher: Nachgemachte Medienseiten als Teil einer großflächig angelegten russischen Desinformationskampagne verbreiten, mutmaßlich vom „System Putin“ orchestriert, Propaganda, Hunderte Fake Accounts teilen sie massenhaft in sozialen Medien. Die Versuche, die öffentliche Meinung in Deutschland mit prorussischer Propaganda zu beeinflussen, erreichten eine zuvor nicht gekannte Dimension. Bei dieser neuen, großflächig angelegten Desinformationskampagne Russlands wurden massenweise Webseiten großer Medienmarken wie Bild, Welt, t-online und Spiegel täuschend echt nachgebaut, um genau solche Fake News und Fakevideos in die Welt zu setzen. Ein Heer von extra angelegten Fake Accounts verbreitete in einem zweiten Schritt diese Falschnachrichten in den sozialen Medien.17) Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen und Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums, wodurch er einen sehr umfassenden und profunden Informationsstand hat, was Informationen der deutschen Nachrichtendienste zu den russischen Desinformationskampagnen angeht, sagte bereits Ende August 2022, die Dimension von Desinformationskampagnen zur intransparenten Manipulation demokratischer Diskurse habe ein „besorgniserregendes Ausmaß“ angenommen. Neben Sicherheitsbehörden und Plattformbetreibern sei auch die Politik gefragt, Bild: # 179689060 / stock.adobe.com

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