DER SICHERHEITSDIENST

59 DSD 3 | 2023 GELD UND WERT Und für alle Leser, die als Fans unbarer Zahlungsmittel meinen, ohne Bargeld gäbe es keine Kriminalität, hält die PKS auch wichtige Informationen bereit. Es gab ca. 76.000 Diebstahlsfälle unbarer Zahlungsmittel und fast 65.000 Fälle von Betrug bzw. Computerbetrug mittels rechtswidrig erlangter unbarer Zahlungsmittel. Im Hinblick auf Not- und Krisenfälle ist die Versorgung der Bevölkerung der kritischste Prozess im Bargeldkreislauf. Hierauf müssen alle Akteure ihr Hauptaugenmerk legen, um nach Möglichkeit jedem Bürger Zugang zu Bargeld zu ermöglichen. Denn in so einer Lage ist Bargeld das einzige resiliente Zahlungsmittel, mit dem tatsächlich auch gezahlt werden kann. Was hat Ihrer Ansicht nach mehr zu einem Umdenken in Sachen Bargeldversorgung geführt? Corona oder die politische Situation in der Ukraine? Michael Mewes: Schon in der Finanzkrise 2007 ff. hat sich gezeigt, dass Bargeld in Krisenzeiten für Bürger und Institutionen eine große Bedeutung hat. Die Nachfrage nach Bargeld ist seinerzeit weltweit sprunghaft angestiegen und die professionellen Bargeldakteure waren schwer beschäftigt, den Bargeldnachschub an allen Versorgungsstellen sicherzustellen. Ungeachtet der unberechtigten Angriffe auf das Bargeld während der Coronazeit ist die Nachfrage nach Bargeld zu Beginn dieser Krise ausweislich der Zahlen der Bundesbank sprunghaft um das Vierfache angestiegen. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine hat dann erneut die Krisennachfrage nach Bargeld befeuert, und zwar zum einen durch die Nachfrage der Bürger und zum anderen durch die große Zahl an Flüchtlingen. Tatsächlich wird viel von dem nachgefragten Bargeld nicht für den täglichen Konsum, sondern eher aus Vorsorgegründen beschafft. Aber wie richtig die Menschen mit diesem Bedürfnis nach Sicherheit liegen, haben wir im letzten Jahr beim Ausfall Tausender Zahlungsterminals in Deutschland gesehen. Die Bargeldzahlungen haben sich im Handel spontan verdoppelt, weil der Ausfall der Terminals durch Bargeldzahlungen kompensiert wurde. Ein großer Teil dieser Gelder kam offensichtlich aus den Bargeldreserven der Menschen, da die Nachfrage an den Geldautomaten nicht im gleichen Umfang gestiegen ist. Die Bedeutung von Bargeld ganz besonders auch in Not- und Krisenzeiten ist vielfach belegt. Die Akteure im Bargeldkreislauf – allen voran die Deutsche Bundesbank – sind sich dieser Tatsache sehr bewusst. Sie arbeiten kooperativ und intensiv daran, den Bargeldkreislauf krisenfest zu erhalten und auch in Zeiten zurückgehender Bargeldnutzung die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Bargeld zu sichern. Ein neues Sicherheitsrahmenkonzept soll den Bargeldakteuren, insbesondere den Geld- und Wertdienstleistern, ermöglichen, auf Sicherheitsszenarien mit den entsprechenden Konsequenzen zu reagieren und bereits vorhandene Krisenkonzepte anpassen zu können. Worauf legt das Sicherheitsrahmenkonzept besonderen Wert? Was sollten Banken hier wissen? Michael Mewes: Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass nicht jeder Akteur für sich allein denken muss und darf, sondern dass wir die Aufgabe der Sicherung des Bargeldkreislaufes als Gemeinschaftsaufgabe und ganzheitlich begreifen müssen. Dazu bietet die Studie viele Arbeitshilfen, um die individuelle Situation der eigenen Institution zu bewerten und die Schnittstellen zu anderen Akteuren in den Blick zu nehmen. Krisenvorsorge ist eine mühsame und zunächst nicht besonders fruchtbare Aktivität, erst im Fall der Fälle zeigt sich die Qualität der Vorbereitung. Aber es geht auch nicht nur darum, im Krisenfall die Arbeitsfähigkeit zu sichern, indem man beispielsweise die Themen Kommunikation und Formularwesen vorgedacht hat. Es geht vielmehr auch darum, bei der generellen Geschäftsplanung die Bargeldinfrastruktur zu sichern und die eigene wie die übergreifende Ver- und Entsorgungslage im Tätigkeitsgebiet für das Alltagsgeschäft und für die Krisenlage handlungsfähig zu halten. Bargeld ist das einzige resiliente Zahlungsmittel, aber ohne eine ausreichende und resiliente Bargeldinfrastruktur hilft uns diese Tatsache nicht weiter. Dies müssen alle Akteure verstehen und darauf hat ja auch die Bundesbank aktuell mahnend hingewiesen. Was erwarten Sie künftig von den Banken? Wo hätten Sie mehr Unterstützung? Michael Mewes: Leider entsteht gelegentlich der Eindruck, dass Bargeld von Kreditinstituten nicht geschätzt und alles ‚auf die Karte‘ gesetzt wird. Aber diese Entwicklungen sind falsch und gefährlich, wie sich in der Praxis vielfach gezeigt hat. Dabei plädieren wir nicht für einseitige Festlegungen bzw. Präferenzen. Wir benötigen als Menschen vielmehr auch zukünftig einen Mix aus Zahlungsmitteln und dabei haben sowohl bare als auch unbare Zahlungsmittel ihren Platz. Wir werben bei den Kreditinstituten für eine entsprechende Grundhaltung. Als Wertdienstleister erwarten wir eine konstruktive Zusammenarbeit bei den genannten Themen. Wichtig ist dabei auch ein gleichlautender Auftritt bei den Gesetzgebern mit der Forderung, in dem neuen KRITIS-Dachgesetz nicht nur Verpflichtungen zu normieren, sondern auch die Rechte der KRITIS-Betreiber zu stärken. So ist es beispielsweise von besonderer Bedeutung, für unsere Fahrzeuge Fahrerlaubnisse und Tankbevorrechtigungen zu erhalten, ansonsten steht die Bargeldversorgung schnell still. Da die zurückgehende Nutzung barer Zahlungsmittel naturgemäß die Stückkosten für alle Aktivitäten rund ums Bargeld treibt, müssen wir zudem gemeinsam an effizienteren Techniken und Verfahren im Bargeldkreislauf arbeiten, um Bargeld auch wettbewerbsfähig zu halten. „Leider entsteht gelegentlich der Eindruck, dass Bargeld von Kreditinstituten nicht geschätzt und alles ‚auf die Karte‘ gesetzt wird. Aber diese Entwicklungen sind falsch und gefährlich, wie sich in der Praxis vielfach gezeigt hat.“ (Michael Mewes)

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