DER SICHERHEITSDIENST

40 DSD 3 | 2023 WIRTSCHAFT UND POLITIK Eine Frage in die Runde CER-Richtlinie zum Schutz der Kritischen Infrastrukturen: Wie bewerten Sie diese? Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte am 25. Juli 2023 unter www.marktplatz-sicherheit.de. Wir bedanken uns für die Abdruckgenehmigung. Im Interview mit Dr. Berthold Stoppelkamp, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft (BDSW), Ralf Philipp, Leiter Marketing & Geschäftsentwicklung der CMD – Sicherheit und Dienstleistungen GmbH & Co. KG, Sebastian Otten, Sicherheitskoordinator bei der OBJEKTCONTROL Sicherheitsdienste Vogt GmbH, und Tony Fleischer, Geschäftsführer der proSicherheit GmbH. Eine kurze Einleitung Die sogenannten Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) sind in Zeiten, in denen Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, gegen andere europäische Länder Drohungen ausspricht und sich mit unzähligen Hacker-Angriffen auf die verschiedensten Einrichtungen und Organisationen in Europa exponiert, potenziell besonders gefährdete Angriffsziele. Kein Wunder, dass der Europäische Rat und das Europäische Parlament diese Infrastrukturen besonders geschützt sehen will. Deshalb haben sie jüngst eine EU-Richtlinie (CER-Richtlinie) verabschiedet, die im vergangenen Dezember in Kraft getreten ist, die KRITIS-Widerstandsfähigkeit stärken und bis Oktober 2024 auf nationaler Ebene umgesetzt sein soll. Unter anderem empfiehlt sie die Qualitätskontrolle von privatem Sicherheitspersonal im KRITIS-Umfeld. Sie schreibt diese Qualitätskontrolle nicht etwa vor, sondern sie empfiehlt sie nur. Ob diese Empfehlung Behörden und Betreiber, die sich der Bedeutung ihrer Einrichtungen schon heute bewusst sein müssten, jetzt zu einem Umdenken dahin gehend bewegen mag, dass sie – anders als bis jetzt oft zu beobachten – ausreichend geschultes und ausgerüstetes Sicherheitspersonal einsetzen? Falls ja, könnten wir uns auch vorstellen, dass fortan die Empfehlung genügt, beispielsweise nicht in anderer Leute Haus einzubrechen oder keine Geldtransporter zu überfallen. Oder ist das zu polemisch? Wie bewerten Sie die CER-Richtlinie? Geschäftsführer des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft (BDSW) Dr. Berthold Stoppelkamp „Zwangszertifizierung lehnen wir ab“ Der BDSW begrüßt, dass sich künftig der nationale Gesetzgeber durch ein KRITISDachgesetz im Rahmen der europäischen CER-Richtlinie in einem ganzheitlichen Schutzansatz zum Schutz von KRITIS nicht mehr allein auf die IT-Sicherheit fokussieren wird. Der BDSW strebt nicht die Anerkennung der gesamten Sicherheitswirtschaft als eigenständiger KRITIS-Sektor an. Das Sicherheitsgewerbe mit seinen nunmehr über 270.000 Beschäftigten erbringt seit Jahren immer mehr Tätigkeiten, die der Absicherung beziehungsweise Aufrechterhaltung von sämtlichen KRITIS-Sektoren in Deutschland dienen. Dazu zählen Objektschutzaufgaben, Schutz von Lieferketten, Sicherstellung der Bargeldversorgung, Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung im Personenverkehr und Durchführung von Luftsicherheitskontrollen. Das Sicherheitsgewerbe ist bereits heute faktisch integraler Bestandteil beim Schutz sämtlicher KRITIS-Sektoren und systemrelevant für die Resilienz von KRITIS. Der nationale Gesetzgeber sollte die Systemrelevanz des Sicherheitsgewerbes übergreifend für Bund und Länder für den Schutz von KRITIS festschreiben. Im neuen Sicherheitsgewerbegesetz sollten verbindliche Basisqualitätsanforderungen für Sicherheitsunternehmen und ihre Beschäftigten festgeschrieben werden, die im Bereich KRITIS zum Einsatz kommen. Sofern sich KRITIS-Betreiber externer Sicherheitsdienstleister bedienen, dürfen nur Unternehmen und Beschäftigte des Sicherheitsgewerbes zum Einsatz

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